Zwischen den Ohren eines Lehrers ist mehr wie der Bereich unter seinem Toupet
Klopfklopf.
Ich blickte von meinem Schreibtisch hoch und rief: „Herein!“
Die Tür öffnete sich und ein lockiger Schopf schob sich in mein Büro.
„Guten Morgen, Mr. Binner“, grüßte mich die Schülerin. Ich seufzte innerlich. Würde sie sich je merken, wie ich richtig hieß? Ich musste mir ihre Benennung und die ihrer kleinen Freunde schließlich ebenso in Erinnerung rufen.
„Wie soll ich dir helfen?“, brummte ich zurück. Sie wusste wie ich: Höflichkeitsformen wurden in dieser Schule nur benutzt, um Zeit zu schinden. Zeit, die ich für sie nicht opfern wollte.
„Mike ist betrunken. Ich finde, Sie sollten ihn suspendieren“, erwiderte sie locker. Doch ihr Unterton verriet: Sie fühlte sich nicht so leger, wie sie erscheinen wollte.
Verblüfft weiteten sich meine Lider.
„Wie bitte?“
Sie nickte bestätigend und fuhr fort: „Er pöbelt im Schulhof rum und spuckt überdies in den Flur!“
Ich runzelte die Stirn, denn ich wusste nicht, welche Einzelheit mich mehr verwunderte: Ihre Wortentscheidung oder der Kern ihrer Bemerkung.
Nichtsdestotrotz winkte ich entgegenkommend: „Holen Sie ihn her. Ich bespreche es mit ihm.“
Ihre Iriden leuchteten, ehe sie sich verdrückte. Stöhnend fuhr ich mir übers Gesicht. Wieso musste ich mich mit so einem Schund beschäftigen? Unter meinem Lohnzettel weilte nicht die Bezeichnung ‚Schulleiter‘.
Doch nur zwei Minuten später wurde der torkelnde Junge in mein Zimmer geschubst. Die Brünette folgte ihm.
„Jo, wie konn’sch ühnen hölfen?“ Selbstzufrieden grinste er.
„Mr. Newton, stehen Sie unter Einwirkung von Genussmitteln?“, wollte ich zuerst ruhig wissen.
„Genussmütteln?“, wiederholte er mühevoll.
„Sie wissen schon, Hochprozentiges, Flüssigkeit, die Ihre Vorgehensweise eventuell einschränkt?“
Nichtverstehend blickte er mir ins Gesicht.
„Besuchen Sie noch Ihren Chemieunterricht? Fällt bei Ihnen bei Meth-“
„Och, Methornol mein’se?“ Erleichtert nickte ich. Selbstverständlich begriff er es erst bei den komplizierten Brücken.
Doch er hob defensiv die Hände: „Nüsch mit mür. Üsch bin clien. Dü Jessi… Jenni… Jelki… will misch nuor renreiten.“
Die stoß wütend die Luft durch die Nüstern.
„Dü konn doch nüsch mor ühren Normen schreiben.“
Mein Blick glitt zu dem Mädchen - dies wollte ich nun doch erklärt sehen.
Sofort wurde ihr Gesicht puterrot und sie stotterte: „H-hören Sie nicht zu, er redet nur Stuss.“
Mike fiel ihr jedoch sogleich ins Wort: „Ün ührem lötzten Töst hot se ‚Jössice‘ göschriebn!“
„Gott, ich musste mich beeilen, geschieht bestimmt jedem hin und wieder!“
Mike konnte sein Feixen nicht länger unterdrücken, während er sich dröhnend kichernd gegen meinen Schreibtisch lehnte.
„Leck mir doch den…“ Ihr Blick huschte zu kurz zu mir, ehe sie sich empört berichtigte: „Finger!“
Ich für meinen Teil guckte immer wieder zwischen den Beiden hin und her, bis die Skurrilität des Moments endlich in meinen Kopf sickerte. Ein gellendes Losprusten konnte ich schlicht nicht mehr unterdrücken. In dieser Schule wurde es wirklich nie ermüdend.
Grinsend entließ ich beide: „Bis Morgen, Mr. Newton. Ich vergesse ihre heutige Kondition, wenn Sie jetzt in Ihr Bett verschwinden. Und Sie, gehen Sie zu Ihrer Stunde, Jette.“
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